Lange hatten wir (Anne-Miek, Belinda, Prisca, Christian, Peter) uns auf unsere Reise nach Nepal physisch, technisch und vor allem mental vorbereitet. Mitte August in tiefer Dunkelheit begaben wir uns vertrauensvoll in die Hände von Peter, der die Anreise akribisch vorbereitet hatte. Erste Zweifel an der Richtigkeit unseres Zieles kamen auf, als uns der nepalesische Koch auf der Hütte mit einem fröhlichen „Gruezi“ begrüßte. Recherchen vor Ort ergaben, dass wir uns auf der Boval-Hütte in Graubünden im Bernina-Gebiet befanden. Naja, wo wir schon mal da und mental so gut vorbereitet waren, entschlossen wir uns, den Piz Morteratsch (3751 m) zu besteigen.
Aufgrund der langen Tour planten wir früh in der Nacht zu starten, mit dem Ziel als erste den Gipfel zu stürmen. Andere vor uns hatten dieselbe Idee, so dass wir dann als letzte die Hütte verließen. Wir waren auf Nepal vorbereitet...dick eingemummt liefen wir los. Nach wenigen Metern stand uns der Schweiß auf der Stirn und wir realisierten, wir sind ja bloß in der Schweiz und dies bei milden Temperaturen. Erste Kleidungsstücke wanderten zurück in den Rucksack.
Nach 500 Metern steilem Aufstieg durch einen Wiesenhang und später Geröll querten wir bei 3000 m das erste Schneefeld und erreichten die erste Schlüsselstelle der 350 Meter langen Kletterpassage, vorwiegend im 2.Grad. Als Team arbeiteten wir gut zusammen und kamen gegen 10.00 Uhr zur Fuorcla da Boval (3347 m), wo wir ein Materialdepot einrichteten, um mit leichtem Gepäck auf den Gletscher zu gehen. Wir montierten die Steigeisen und nahmen die Pickel zur Hand. Mit unserer 5er-Seilschaft querten wir gleich zu Beginn einen 40 Grad steilen Eishang. 500 Hm bis zum Gipfel legten wir über den Nordrücken zügig zurück. Seilschaften, die uns entgegen kamen, hatten nicht so viel Glück wie wir. Lange lag der Gipfel in den Wolken. Als wir oben ankamen, hatten wir beste Sicht auf die Bernina-Gruppe, direkt vor uns der beeindruckende Biancograd. Dank unseres taktischen Vorgehens am Morgen hatten wir den Gipfel und das Panorama für uns alleine. Die Aussicht auf Piz Palu, Bellavista, Piz Bernina, Biancograd und Piz Roseg war atemberaubend.
Nach ausgedehntem Panoramageniessen, ein leichtes Nepalgefühl kam auf, verließen wir den Gletscher auf gleichem Weg. Beim Abstieg an der Stelle der steilen Eisplatte nutzten wir die Gelegenheit, unser weitgetragenes Material großzügig zu verbauen und verlorengegangenes zu bergen. Nachdem wir das Materialdepot aufgelöst hatten, führte uns der Abstieg über den Tschiervagletscher zur modernen und gut geführten Tschiervahütte, wo wir zwe i Nächte im gemütlichen 6er Lager verbrachten.
Am 2. Tag entschlossen wir uns dazu, es ruhiger angehen zu lassen und die umliegenden Gipfel den “richtigen Bergsteigern” zu überlassen. Nicht nur die Bergwelt wollten wir kennenlernen, sondern auch die kulinarischen Besonderheiten der Schweiz. Wir entschieden, die 800 Meter ins Tal nach Pontresina abzusteigen. Den Bauch gefüllt, die Geldbörsen leer, griffen wir für den Rückweg auf einheimische Transportmittel mit 3 PS zurück (www.engadin-reiten.ch/kutschen-schlittenfahrten.html), was uns dem Ziel 200 Hm näher brachte. Die Aussicht auf weitere Schweizer Köstlichkeiten und einen gemütlichen Hüttenabend trieb uns den Rest des Berges bis zur Hütte voran.
Am Rückreisetag vertieften wir unsere Kenntnisse über die Schweizer Transportmittel. Neben der Pferdekutsche nutzten wir die Rhätische Bahn, um wieder an den Ausgangspunkt am Bahnhof Hotel Morteratsch zurückzukommen.
Unser Fazit: Schön war es im schweizerischen Nepal!!!
The Änd.
Belinda Hauer, Prisca Müller