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Alpenverein Trier


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Tourenberichte

 

Eine Traumkante im Bergell

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Gleichmäßig, aber schwer atmend vor Anstrengung steigen wir unter funkelndem Sternenhimmel den steilen Berghang hinauf. Wir sind fast als letzte aus der Hütte gestartet. Nun kam uns aber zu gute, dass wir am Vortag den kompletten Zustieg bis zum Einstieg abgelaufen und uns die markantesten Punkte gut eingeprägt ha tten. Auch hatten wir uns beim Abstieg zurück zur Hütte bereits Gedanken gemacht, wie wir hier im Dunkeln am besten hinauf finden. Das machte sich nun bezahlt. Haben wir uns doch ohne große Mühe und Geschiebe an der Spitzengruppe der Aufstiegsschlange, unbemerkt durch einen parallel verlaufenden Taleinschnitt, vorbei geschoben. Oberhalb der Baumgrenze trennten uns jetzt einige hundert Meter von den nächsten nachfolgenden Stirnlampenlichtern. Wir brauchten uns nun keine Gedanken mehr machen, dass wir irgendwo im Stau an der Kante stecken bleiben würden und konnten den weiteren Anstieg in Ruhe genießen.

In der Scharte vor der Badilekante wurden wir dann doch von einem freundlichen „Hello" begrüßt. Das Pärchen hatte hier offensichtlich biwakiert und genoss die aufkommende Morgenröte, die uns einen schönen Tag versprach. Gestern hatten wir, nach mehreren Tagen schlechten Wetters, bereits einen schönen Sommertag für den Hüttenzustieg gehabt. Schon in der Auffahrt von Bondo hatten wir immer wieder traumhafte Ausblicke auf den Badile mit seiner Nordkante und die umliegenden Berge genossen. Ein wunderschönes Gebirgstal, das auch nur wandernd zu erobern lohnt.

Als wir dann zur Sasc Furä Hütte kamen, war die Perfektion nicht mehr zu überbieten gewesen. Eine wunderschöne Hütte, in traumhafter Lage, auf einem Absatz kurz oberhalb der Waldgrenze gelegen. Die Schweizer Fahne flattert am Fahnenmast bei der Terrasse und im Hintergrund und in direkter Linie erhebt sich unsere „Traumkante", die bis hoch hinauf, bis zum Gipfel des Piz Badile zieht. Fasst schon kitschig schön, war es uns durch den Kopf geschossen. Halt so wie es eigentlich nur in der Schweiz sein kann…

Bei Erreichen der Kante machten wir eine kurze Pause und zogen unsere Klettergurte an. Zwar war das Gelände erstmal noch einfach und wir gingen noch ohne Seil weiter, aber bald schon änderte sich das und wir mussten nun doch mit dem Sichern anfangen. Eine uns nachfolgende Seilschaft hatte das anders gelöst und ist die ersten Seillängen am kurzen Seil angegangen. Just als wir fertig zum Start in unsere erste Seillänge waren, erreichten sie uns und wir ließen die zügig kletternden Tiroler, die wir schon beim Abendessen am Vortag kennen gelernt hatten, vorbei. Uns war es hier für die Sicherung am kurzen Seil schon zu steil und wir folgten lieber sichernd von Stand zu Stand. Der Felix kommt aus dem Kaunertal und ist neben Fachübungsleiter auch noch Bergwachtmann und von daher geübter in der Handhabung der in der Ausbildung eigentlich Berufsbergführern vorbehaltenen Sicherungstechnik.

Aber anscheinend ist es ihm bald auch zu steil und schwer geworden. Denn kaum waren die beiden an uns vorbei, wechselten sie ebenfalls auf die Sicherungstechnik vom Stand aus.

Die Orientierung an der Kante ist einfach. Von mehreren kurzen Abstechern, meist nach rechts, nach Süd-Westen, abgesehen, geht die Kletterei immer der Kante nach. Der Fels ist exzellent und selten überaus ausgesetzt. Das hat den Vorteil, dass man sich mehr dem einmaligen Panorama hingeben kann. Die Aussicht von der Kante in die Nordwand, in der der Klassiker von Ricardo Cassin verläuft und rüber zum Pizo Cengalo, dem mit 3.369 Metern höchsten Bergeller, ist schon genial.

Die Kletterei zieht sich. Überwiegend ist es Plattenkletterei entlang der Kante. Bei Abstechern neben dem eigentlichen Kantenverlauf gibt es zur Abwechslung auch mal kurze Kamin- u. Verschneidungskletterei. Die Schwierigkeiten sind nicht besonders hoch und bewegen sich meist im Bereich III bis IV. Erst im oberen Teil der Kante wird es etwas schwieriger. Eine Passage, bei der wir durch eine Kaminrinne aus der Westwand an die Kante zurückkletterten, erscheint mir im Bereich um Grad VI zu liegen. Sie ist zwar nicht lang und sehr gut mit Bohrhaken abgesichert, aber dennoch anspruchsvoll. Wie mir Felix und Lisa später berichteten haben, sind sie an dieser Passage einfach gerade vorbeigeklettert und erst später wieder an die Kante hoch. Das ging auch, war zwar nicht mit Bohrhaken abgesichert, aber mit Grad IV wesentlich leichter.

Weiter oben, als wir uns bereits im oberen Gratbereich befanden, hatten wir noch mehrere interessante Begegnungen. Zuerst ein rumänisches Pärchen, dass die Kante herabgeseilt kam. Sie erzählten uns, dass sie die Nordwand über die Cassinroute gegangen sind, ihnen aber die Zeit davon gelaufen wäre und sie deswegen im Biwak, oben auf dem Gipfel übernachtet hätten. Da sie keine Bergschuhe für den Abstieg dabei hatten, wollten sie lieber über die Nordkante abseilen. Wenig später kam noch ein einzelner Bergsteiger abgeseilt. Aus Lettland, wie er uns erzählte. Er ist auch die Cassinroute aufgestiegen und das im Alleingang. Da er sich in den schweren Passagen selbst gesichert hatte, was bedeutet, dass er diese Passagen dreifach begangen hat, ist ihm ebenfalls die Zeit davon gelaufen. 16 Stunden hat er gebraucht, und hat deswegen auch am Gipfel übernachtet. Man hat ihm allerdings auch angemerkt, dass er ziemlich am Ende war. Mira hat ihm noch am Stand die Selbstsicherung eingehangen, weil ihm das schon zuviel war. Wir waren später froh zu hören, dass an diesem Tage alle heil vom Berg runter gekommen waren.

Die letzten Seillängen zum Gipfelgrat wurden wir dann von einem Bergsteigerpaar überholt, die so richtig gut drauf waren. Laut singend kamen Marc und Kate am kurzen Seil kletternd hinter uns heran. Aus Schottland wären sie, wie sie uns erzählten und waren glücklich über diesen wunderschönen Tag. In Schottland hätten Sie nur schlechtes Wetter gehabt und seien deswegen in die Alpen geflüchtet. Nun die Rechnung war aufgegangen.

Sie waren übrigens die beiden, die am Einstieg der Kante biwakiert hatten und sie hatten ein so hohes Tempo, dass sie uns, als wir den Gipfelgrat erreicht hatten, schon wieder abkletternd entgegen kamen. So geht klettern schottisch. Das war einfach klasse, mit welcher spielerischen Sicherheit und Leichtigkeit die Beiden unterwegs waren. Wir arbeiten noch daran…..!

Es folgte bald die Schlüsselstelle, oder besser gesagt die Schlüsselpassage, eine über eine Seillänge gehende Platte im Schwierigkeitsgrad V bis V+. Mir persönlich kam sie nicht so schwierig vor, da sie nicht sonderlich steil ist und wenn man die Risse verfolgt, ist es eigentlich unproblematisch. Ok, wie ich bei Mira und auch den nachfolgenden Seilschaften feststellte, hatten die alle mehr Probleme, aber dank der guten, durchgehenden Bohrhaken ist das dennoch gut zu bewältigen.

Kurz darauf erreichten wir, nach ca. 25 Seillängen, den oberen, fast horizontal verlaufenden Gipfelgrat, womit die Schwierigkeiten schlagartig auf I bis II zurückgingen. Hier kletterten wir auch am fließenden Seil weiter. Es zieht sich noch ein Stückchen und wir wurden langsam ungeduldig. Erlöst wurde unsere Ungeduld, als Felix vor uns einen anhaltenden Jodler anstimmte. Wir hatten den Gipfel erreicht.

Den Gipfel ziert nicht wie man es gewohnt ist, ein Gipfelkreuz, sondern eine Pyramide aus Aluminium. Da es gegen Mittag war und um den Gipfel auch reichlich Platz vorhanden war, beschlossen wir alle hier Mittagsrast einzulegen. Hier, mit toller Aussicht, schmeckte es doppelt gut und die kurze Erholung hatten wir uns nach dem siebenstündigen Aufstieg auch verdient.

Für den Abstieg haben wir uns dann mit den beiden Tirolern und zwei Wienern, Vater und Sohn zusammen getan. Nicht ganz ideal, wie sich herausstellte, denn die Tiroler, Felix und Lisa, wollten am liebsten den ganzen Abstiegsweg zur Gianetti-Hütte abseilen, was aber eigentlich bis auf wenige Stellen nicht notwendig war und nur unnötig viel Zeit gekostet hat. Nun, wir sind dennoch bei Zeiten, zur Gianetti gekommen und viel schneller waren die anderen, die zur Hütte abgestiegen sind, auch nicht unten gewesen.

Auf der Gianetti, von der wir eigentlich nicht viel Gutes gelesen hatten, wurden wir vom „Obermafiosi" (Hüttenwirt), freundlich und mit einem schmunzeln als „Banditos" begrüßt. Die Hütte ist einfach aber zumindest sind die sanitären Einrichtungen in Ordnung. Wir konnten hier duschen und das Abendessen war gut und ausreichend. Wein war zu unserem Erstaunen günstiger als Mineralwasser, aber mein Durst ließ mich lieber erstmal zum Bier greifen.

Am nächsten Tag führte uns der Rückweg über zwei Pässe, Passo Porcelizzo und Passo Trubinasca zurück zur Sasc Furä-Hütte. Der Weg ist steil, schottrig, führt teilweise über Schneefelder und verlangt, wenn auch durch Ketten versichert, in der Trubinascascharte auch leichte, aber unangenehme Kletterei im Abstieg zurück ins Val Bondasca. Zwar sind die Schwierigkeiten an der Kante weitaus höher als am Rückweg, aber anstrengender ist ganz eindeutig dieser. Vor allem, nachdem man schon den zweiten anstrengenden Tag unterwegs ist. Dennoch würden wir es immer wieder vorziehen, die Tour so zu gehen, als die 25 bis 30 Seillängen abzuklettern und abzuseilen. Und es lohnt sich auch in jedem Fall, die italienische Gianetti-Seite mit ihren Klettergebieten kennenzulernen.

 

Mira & Elmar Böckler

/a/a

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