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Alpenverein Trier


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Tourenberichte

 

Weissmies und Lagginhorn: ein Anfang!

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„Hallo Maacher, ich weiß zwar nicht wo du gerade bist, aber ich stehe am Gipfelkreuz des Lagginhorns.“

„Wo stehst du? – Ihr Säcke, sag dass das nicht wahr ist…“

Schon lange war das Bergsteigen und das Hochtouren gehen in unserer Planung, doch nie ging es wirklich voran. Verschiedene Einzelprojekte wie die Sarekdurchquerung, Alpines Klettern oder Eisklettern, standen immer im Vordergrund. Diesen Sommer jedoch, ich fiel leider aus, zog Daniel  eine Woche Hochtouren-Ausbildung bei einer Grindelwalder Bergschule durch und lernte die Grundlagen der eigenständigen Planung, Durchführung und Leitung einer Hochtour. Doch die Saison ging dann auch schon schnell dem Ende entgegen und wir einigten uns auf den letzten plausiblen Termin, auch wenn wir nicht mehr daran glaubten, dieses Jahr noch die Gipfel der Alpen zu erstürmen, war doch das Wetter in den vorherigen Wochen konstant schlecht gewesen.

Daniel hatte schon ein wenig Erfahrung sammeln können (La Luette und Strahlegghorn mit Führer) und so war das ganze kein absolutes Neuland. Für die Planung und das Ziel sahen wir daher und aus simplen Prestigegründen vom Breithorn ab und entschieden uns für das Lagginhorn (4010m).  Der Plan sah vor am ersten Tag das Jegihorn (3206m) über den gleichnamigen Klettersteig zu besteigen und uns somit etwas in der Höhe zu akklimatisieren um am nächsten Tag unseren ersten 4000er anzugehen. Als der Termin dann immer näher rückte und die Wetterprognose nur Sonne versprach, überdachten wir noch einmal unser geplantes Vorgehen. Realistisch gesehen würden wir keine Chance auf Eingewöhnung haben und somit machte es keinen Unterschied ob wir direkt mit dem Lagginhorn anfingen oder nicht. Nun hatten wir für den zweiten Tag die Wahl zwischen Klettersteig oder des Weissmies (4023m) und somit die Option an einem Wochenende zwei 4000er anzugehen. Die Entscheidung war schnell gefällt!

Wir fuhren bei bestem Wetter Freitags los bis nach Saas-Grund um von dort aus mit der (fast) letzten Seilbahn bis zur Hohsaas zu gelangen. Wir überlegten, einen Teil des Aufstiegs zu Fuß zu bewältigen doch trafen die richtige Entscheidung, lieber von der Hütte aus schon einmal den Teil des Weges abzulaufen, den wir Tags drauf in der Dunkelheit zu bewältigen haben werden würden.  Wir checkten also schnell ein und machten uns sofort auf. Da die Steinmännchen uns recht gut den Weg wiesen, war die Linie über Blöcke und Schutt relativ gut zu finden und wir kamen recht zügig am Sicherungskabel an, das ein Band am unteren Westnordwestgrat des Lagginhorn entschärfte, welches es zu queren gilt, möchte man auf den eigentlichen Zustieg über den Westsüdwestgrat gelangen. Danach noch ein wenig Blockkletterei und der weitere Verlauf wurde fürs erste klar und wir drehten um, um rechtzeitig zum Abendessen einzukehren.

Die Hohsaashütte ist Luxus pur! Durch die Lage als oberste Skistation mit Blick auf den Triftgletscher  ist die Infrastruktur eher für diese Art Touristen vorgesehen als für den gemeinen Bergsteiger. Neben dem modernen Restaurant gibt es komfortable 6er und 8er Zimmer mit abgetrennten Betten. Es gibt sogar warmes Wasser, auch in den Duschen (die leider defekt waren)…! Das Essen war durchgehend gut auch wenn es ein wenig an lokalen Genüssen mangelte. Trotz des riesigen Speisesaals wurden, in alter Hüttentradition (gerne rede ich mir ein, dass die Gründe nicht putztechnisch bedingt waren), am Abend und zum Frühstück mit allen zusammen an einem oder zwei Tischen gespeist, was natürlich den Austausch förderte…  Nach zwei Gläsern Rivella ging es dann nicht allzu spät ins Bett um am nächsten Morgen um 5:30h aufzustehen und um 6:00h abmarschbereit zu sein.  Diese Planung funktionierte recht gut, so dass wir mit vollem Magen gegen 6:10h loslegten.

Die Normalroute auf das Lagginhorn über den Westsüdwestgrat ist ein relativ einfacher 4000er Anstieg mit wenig Gefahrenpotential (Bewertung WS - wenig schwierig).  Die Route von der Hohsaas führt zunächst durch Blockfelder zum bereits beschriebenen Band am Westnordwestgrad. Danach steht dann eine Querung des durch den Klimawandel arg in Mitleidenschaft gezogenen Lagginhorngletschers an, um zum Einstieg auf den Grad zu gelangen. Gut, dass wir den Vortag genutzt hatten um die Route zu erkunden, denn in der Dunkelheit waren wir froh, in bekanntes Gebiet vorzustoßen und konnten im Notfall auf die gesetzten GPS-Referenzpunkte zurückgreifen. Kurz vor dem Eiskontakt löste sich die Mischabelgruppe mit Alphubel, Täschhorn, Dom und Nadelhorn aus der Dunkelheit und wir begannen die Gletscher-Querung im Hellen. Dank der vielen Steine, der schmutzigen Oberfläche und dem Mangel an verdeckten Spalten konnten wir auf Steigeisen und Seil verzichten.  Vorsichtig suchten wir uns unseren Weg an ein paar tiefen Schlünden vorbei und kamen endlich an den Fuß des WSW-Grades, der über die Flache Schulter erreicht werden kann. Nach einem Geröllfeld wurde es blockiger und plattiger. Nach einer weiteren Stunde, kurz nach einem Gendarmen, konnten wir endlich einmal das Panorama auf der Rückseite des Grates genießen; über dem schönen Fletschhorn-Gletscher thront der Gipfel des Fletschhorns mit seinen (nur) 3984m. Die kleine Pause, die wir dann einlegten, tat gut und wir bereiteten uns vor, die letzten steilen 450 Höhenmeter zu bewältigen.  Die Kletterei im Gneis erwies sich als  angenehmer als erwartet, denn die großen recht glatten Platten waren mit großen Rissen durchzogen, die für einen guten Halt sorgten. Auch der restliche Fels war wenig brüchig und die (Tritt-)Sicherheit wuchs mit jedem Meter. Dennoch, es war kein rennen und wir passten auf, eine langsame Geschwindigkeit beizubehalten und die Herzfrequenz so niedrig zu halten um im aeroben Bereich zu bleiben, was sich höhenbedingt als nicht einfach erwies – in Gipfelnähe war der Puls je nach Klettereinlage bei 170 und nicht bei den angestrebten 150.  100m vor dem Gipfel begann das Gipfel-Firnfeld, oder zumindest war es das einmal. Durch die andauernde Trockenheit war nur noch aperer Firn vorhanden mit stellenweisem Blankeis.  Schön ist was anderes!  Mit Steigeisen tasteten wir uns langsam und sicher die letzten Züge hinauf bis hin zum Gipfelkreuz.  Von der Signalkuppe bis zum Jungfraumassiv war die Sicht frei, nur auf der Südseite der Alpen herrschte Stau und die ganze italienische Ebene blieb tief unter uns unter einer Wolkendecke verborgen. In der Sonne waren die Temperaturen auch in der dünnen Luft sehr angenehm und wir verweilten etwas länger am Gipfel, um unseren ersten 4000er zu genießen.

Eine Bergtour ist bekanntlich dann erst zu Ende, wenn man sicher in der Hütte sitzt und so machten wir uns nach kurzem Mittagessen und Siegerfotos wieder auf den Rückweg. Durch angeschmolzene Stellen im Firn war der Abstieg dort ein gutes Stück einfacher und wenig später kletterten wir die Platten ab. Unsere Wegfindung war jedoch suboptimal und wir verbrauchten recht viel Zusatzkraft. Endlich am Ende des Grates angekommen, legten wir eine kleine Pause ein, Wolken verdeckten nun den Gipfel und das Steinbombardement aus der Westwand wurde immer heftiger. Wir waren schon spät dran! Das am Morgen noch zusammengefrorene Geröll war nun komplett instabil und bei der Überquerung der ersten Schneebrücke rollte gleichzeitig ein tonnenschwerer Block darüber in eine Spalte. Zum Glück hielt alles Stand. Der Steinschlag hatte sich kurzweilig beruhigt und so überschritten wir zügig das ebene Gelände, das im Vergleich zum Morgen viel rutschiger geworden war. Endlich erreichten wir auch das Kabel und schleppten uns den letzten Kilometer Richtung kühler Rivella. Kurz vor dem Ziel ließ ein kleiner Anstieg noch einmal den Puls unkontrolliert hochschlagen und es dauerte seine Zeit, ihn wieder unter Kontrolle zu bringen, aber es war vollbracht.

Ziemlich erschöpft warteten wir bis zum Abendessen, Daniel war merklich fitter; der Schlafmangel hatte seinen Tribut gezollt. Die Zahl der Gäste war angestiegen, doch viele wollten am nächsten Morgen auf das Lagginhorn oder zum Weissmies Nord-Grat. Unser Plan war es, das Weissmies über die Normalroute (Westnordwestflanke - SAC Bewertung: WS-) zu besteigen. Da der Weg zum Einstieg der Normalroute aber nicht ganz einfach zu finden sein sollte und auch von der Hütte nicht einsehbar war, planten wir uns an eine ortskundige Gruppe, zumindest bis zum Beginn des Trifftgletschers, dranzuhängen. Dafür mussten wir aber morgens rechtzeitig auf den Beinen sein und diese nicht verpassen.  Kurz nach dem Wetterbericht, der wieder gut ausfiel, war es auch schon Schlafenszeit und wir hatten gewisse Zweifel nach dem aktuellen Stand der Erschöpfung am nächsten Tag noch einen weiteren 4000er zu bezwingen. Kurz darauf schliefen alle wie ein Stein – zumindest fast alle!

Um 4:30h starteten unsere Zimmergenossen zum Nordgrat, natürlich wurden wir auch wach, denn es waren ja Zermatter Bergführer dabei, welche leider nicht oft durch ihre Rücksicht gegenüber Nicht-Gästen glänzen. Einen kurzen Moment lang kam die Idee auf, da man nun ja schon wach war, direkt zu starten… aber nein, es gab einen Plan und dem wurde nachgegangen.  Eine Stunde Halbschlaf später machten wir uns fertig und als wir gesättigt und bereit waren, stellten wir fest, dass die anderen schon alle weg waren und einen guten Vorsprung hatten. Wir gaben also Gas und konnten sie noch einholen. Der Weg durch das verblockte Schuttgelände unterhalb des Gletschers war stellenweise nicht ganz unproblematisch, da die sandigen Platten keinen vertrauenswürdigen Halt boten. Die Schweizer an der Spitze erwiesen sich als nicht ortskundig, hatten aber Glück mit der Wegfindung! So bildeten wir mit dem ersten Tageslicht unsere Zweierseilschaft und folgten der Spur über die weite Eiswüste der spaltenreichen Einöde bis zum ersten Anstieg. Schnell wurde uns klar, dass auch ohne Vorgänger die Gefahr eines Spaltensturzes sehr gering war, da es eine klare Spur gab. Der Weg verlief über eine Lange Rampe durch die WNW-Flanke bergauf unterhalb einiger beeindruckender Seracs, um dann auf den oberhalb liegenden West-Grat abzubiegen.  Wir hielten das Tempo der anderen Seilschaften und die Bewegungsstrategie im Eis erwies sich teilweise als effizient, zumindest für mich mit einem Puls um die 150. Daniel hingegen litt unter dem selben Phänomen wie ich am Vortag; der fehlende Schlaf forderte seinen Tribut. Wir liefen lange und mühsam über die Zickzackspur den Berg hinauf bis zu einer langen Wechte, die das letzte gerade Stück vor dem steilen Gipfelaufstieg war, dessen oberstes Ziel mittlerweile von Wolken bedeckt nicht mehr zu sehen war. Dort rasteten wir kurz und stockten unsere Zuckerreserven mit süßem Tee noch einmal auf. Auch wenn die Tagesform etwas anderes wollte, machte Daniels Ehrgeiz mit und er bereitete sich vor, die letzten 150 Höhenmeter hart zu erkämpfen. Der Weg vor uns war im Gegensatz zum Rest sehr aper und Konzentration war geboten. Ein paar geschlagene Stufen erleichterten das vorankommen, doch wir machten uns eher Sorgen, da wieder runter zu kommen. Die letzten Meter gingen wir quasi blind und nur wenige Sonnenstrahlen schafften es durch die weiße Wand. Nach der Freude, es endlich geschafft zu haben nach 4 Stunden Aufstieg wurden wir zudem mit einem kurzen Aufbruch des undurchdringlichen Schleiers und fantastischer Sicht belohnt.  15 Minuten später  war alles wieder bedeckt, zudem noch mit sinkender Untergrenze; wir hatten den richtigen Moment erwischt. Auch wenn die Bewölkung störend (maßgeblich das fehlende Panorama) sein kann, ist an dem Weissmies nur eine Überentwicklung zu Gewitterwolken wirklich problematisch denn auch bei schlechter Sicht bleibt die Orientierung anhand der gut ausgetretenen Spur recht einfach.  

Der Abstieg erwies sich wie erwartet anspruchsvoll insofern der Firn Konzentration abverlangte und einen sicheren Tritt forderte. Am kurzen Seil hatten wir aber durchgehend ein für uns optimales Sicherheitsmanagement, sodass die Situation auch von der Kopfseite unproblematisch war. Nach dem Gipfelgrat wurde der Weg immer angenehmer und wir kamen zügig voran. Noch ein, zwei Fotoeinlagen rundeten das Material für die spätere Berichterstattung ab.  Nach anderthalb Stunden packten wir unsere Steigeisen und Seile wieder ein, um die letzte steinige  Etappe anzugehen. Wir folgten dieses Mal einer anderen Trasse, die, mit Steinmännchen markiert, auf den  nahen  „18 4000er“ Rundweg stieß. Es war zwar etwas länger, doch dafür viel flacher und nach knappen 6 Stunden kehrten wir ein. Beim verdienten (alkoholfreien) Bier konnten wir noch einen Lawinenabgang im Eis beobachten, welcher allen nahen Seilschaften für wenige Momente einen schnelleren Puls bescherte, aber keine Gefahr darstellte.  Jetzt aber schnell die Sachen packen und ab nach Hause, in der Hoffnung noch vor der päpstlichen Vollsperrung der Autobahn durchzukommen!

Zwei 4000er in zwei Tagen war ein Versuch, dessen Ausgang am Anfang noch offen war. Wir müssen zugeben, dass wir riesiges Glück hatten, so gutes Wetter noch so spät in der Saison zu bekommen, aber die Anfangsplanung, eine Woche früher zu fahren, hätte sich als regnerisches Unterfangen entpuppt. Wie wir vor Ort erfuhren, war es zudem auch noch der letzte Tag, an dem die Hütte bewirtschaftet wurde und die Seilbahn fuhr. Die äußeren Gegebenheiten waren also grundlegend gut und es lag nur an uns, etwas daraus zu machen.  Die zwei Normalwege des Lagginhorn und Weissmies sind als „WS-wenig schwer“ eingestuft, was zum Lernen eine gute Ausgangsbasis darstellt; das heißt aber auch, dass sie im Gegensatz zu „leicht“ eingestuften Hochtouren auch einige Besonderheiten aufweisen, die bei weitem nicht trivial sind. Es sei außerdem zu erwähnen das sich “wenig schwer” übersetzen lässt zu “wenig schwer für Alpinisten mit der entsprechenden Ausbildung und Erfahrung” und nicht zu “wenig schwer für Wanderer”. Für den Alpinisten-Anfänger eine Tour mit Ansprüchen, die zu bewältigen sind und die ohne Bergführer gut zu machen bleibt. Für uns war es der perfekte Einstieg und als nächstes planen wir, unsere Erfahrung zu erweitern, indem wir so viele einfache 4000er angehen wie möglich, um mit der Zeit die Schwierigkeit langsam anzuheben. Nächstes Jahr ist die andere Talseite mit der Mischabelgruppe dran!

Eine kleine Anmerkung zum Schluss. Das Weissmies war in unserem Führer von 2003 mit 3 Stunden bis zum Gipfel angegeben – wir brauchten 4! Da wir aber ein ähnliches Tempo wie die anderen Seilschaften an den Tag legten, waren wir entweder allesamt lahm oder es gab einen anderen Grund. Nach Rücksprachen mit der Hochtourengruppe unserer DAV-Sektion wurde der Gletscher früher frontal angegangen, was heute durch den Eis-Rückgang nicht mehr möglich ist und mühsam durch den steinigen Umweg kompensiert werden muss. Die Tour dauert also wirklich heutzutage fast eine Stunde länger.

 Als Karte empfehlen wir die TK25 -Wander und Skitourenkarte Saas-Fee (isbn 978-3-905756-25-8) da die Kartengrenze bei anderen Karten genau zwischen Weissmies und Lagginhorn verläuft.

 

Vivian Boyer      

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